Neutestamentliches Griechisch

Neutestamentliches Griechisch nennt man die auf der Koine basierende Variante der altgriechischen Sprache der verschiedenen Schriften des Neuen Testaments (entstanden 1. bis 2. Jahrhundert n. Chr.). Es ist umstritten, ob sich das neutestamentliche Griechisch von der Koine abgrenzen lässt.[1]

Entwicklung

Bei der Koine handelt es sich um die Entwicklungsstufe des Griechischen, die in hellenistischer Zeit zur Gemeinsprache geworden war und als lingua franca im östlichen Teil des Römischen Reiches fungierte. Das neutestamentliche Griechisch ist eine besondere Spielart der Koine. Die griechische Sprachstruktur und Begrifflichkeit (Semantik) erfuhr Einflüsse durch die Übernahme semitischer Erzählweisen und Assoziationskomplexe aus dem Judentum. Prägend war auch die Sprache der Septuaginta, die im Neuen Testament häufig zitiert wird. Vorhandene griechische Wörter bekamen dadurch als Wiedergaben hebräischer Ausdrücke einen veränderten Gehalt. Bedeutsame Beispiele sind:

  • kabodδόξα dóxa: „Herrlichkeit“
  • ברית beritδιαθήκη diathéke: „Bund“
  • צדקה zedaqahδικαιοσύνη dikaiosýne: „Gerechtigkeit“

Grammatik

Auch die Grammatik wurde durch diesen Übersetzungsvorgang beeinflusst, überdies ist ein Bemühen um Klarheit und Einfachheit erkennbar. Nebensatzkonstruktionen treten zugunsten von Hauptsatzreihungen zurück; Doppelungen wie „Er antwortete und sprach“ (ἀποκριθεὶς εἶπεν apokritheis eipen) geben typische hebräische bzw. semitische Erzählwendungen wieder.

Ebenso kommen – unabhängig vom Hebräischen – grammatikalische Ungenauigkeiten vor. So findet sich beispielsweise in Heb 11,35 EU statt des Reflexivpronomens das nichtreflexive Pronomen: „ἔλαβον γυναῖκες ἐξ ἀναστάσεως τοὺς νεκροὺς αὐτῶν.“ statt „ἑαυτῶν.[2]

Literatur

Abhandlungen

  • Stanley E. Porter, Andrew W. Pitts (Hrsg.): The Language of the New Testament. Context, History, and Development. Brill, Leiden 2013 (Linguistic Biblical Studies, 6)

Sprachkurse

  • Hellēnisti. Grundkurs der hellenistisch-griechischen Bibelsprache. Zusammengestellt von Josef Lindauer und weitergeführt von Rudolf und Michael Hotz. St. Ottilien, 2005.
  • Klaus Haag, Werner Stoy: Bibelgriechisch leichtgemacht. Lehrbuch des neutestamentlichen Griechisch. Brunnenverlag, Gießen, Basel 2012, ISBN 3-7655-9312-5.

Grammatik

  • Friedrich Blass, Albert Debrunner, Friedrich Rehkopf (Hrsg.): Grammatik des neutestamentlichen Griechisch. 18. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, (online).
  • Heinrich von Siebenthal: Griechische Grammatik zum Neuen Testament. Neubearbeitung und Erweiterung der Grammatik Hoffmann / von Siebenthal. Brunnen Verlag, Gießen 2022, ISBN 978-3-7655-9578-3.
  • Dean Philip Béchard: Syntax of New Testament Greek. A student’s manual. Pontificio Istituto Biblico, Pontificia Università Gregoriana, Rom 2018, ISBN 978-88-7653-708-0.

Wörterbücher

  • Kurt Aland, Barbara Aland (Hrsg.): Walter Bauer Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. De Gruyter, Berlin 1988, ISBN 3-11-010647-7
  • Friedrich Rehkopf: Griechisch-deutsches Wörterbuch zum Neuen Testament. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-50118-8, (Auszüge online).
  • Jörg Dittmer: Kurzgefasste Lerngrammatik zur Sprache der κοινή (im Unterschied zum klassischen Griechisch) (PDF-Datei; 222 kB)
  • www.brill.com: Linguistic Biblical Studies (vollständige Liste der Bände)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Stefan Alkier und Thomas Paulsen: Die Evangelien nach Markus und Matthäus. Neu übersetzt und mit Überlegungen zur Sprache des Neuen Testaments, zur Gattung der Evangelien und zur intertextuellen Schreibweise sowie mit einem Glossar. Leiden: Brill, Paderborn: Schöningh 2021, 1–36
  2. Blue Letter Bible: Hebrews 11:35. Abgerufen am 31. Oktober 2018.